Alles im Fluss – oder nichts wird so bleiben, wie es war – der synodale Prozess in Deutschland und seine möglichen kirchenrechtlichen Auswirkungen für die Arbeitsweise von ZdK, DBK und VDD

Die Arbeiten im Synodalen Ausschuss zur kirchenrechtlichen Etablierung eines dauerhaften synodalen Organs aus Bischöfen und Gläubigen auf Ebene der Bischofskonferenz laufen in enger Absprache mit den zuständigen römischen Behörden, vor allem dem Dikasterium für die Gesetzestexte.

Im Kontext dieser Bemühungen um eine verfassungsrechtlich tragfähige Lösung, an der alle Beteiligten interessiert sind und konstruktiv mitwirken, stellen sich weitergehende kirchenrechtliche Fragen nach der rechtlichen Struktur und Arbeitsweise der bereits etablierten Institutionen wie der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), des Verbandes der Deutschen Diözesen (VDD), der von staatlicher Seite als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).  Niemand gibt sich der Illusion hin, man könne ein weiteres synodales, verfassungsrechtlich eingehegtes Organ schaffen, ohne das dies nicht Auswirkungen auf diese bestehenden Institutionen hätte. Wie immer dieses neue Organ aussehen mag, es wird die rechtliche Struktur und die Arbeitsformen verändern, die bisher über Jahrzehnte weithin unhinterfragt etabliert waren.

Einige wenige Aspekte können zumindest schon mal angerissen werden. Zwischen Deutscher Bischofskonferenz und dem Verband der deutschen Diözesen ist es zu einer faktischen und auch rechtlich hinterlegten Arbeitsaufteilung gekommen und zwar derart, dass der Verband der Deutschen Diözesen den Haushalt des VDD bewirtschaftet, der nach einem festgelegten Schlüssel durch Beschlüsse der diözesanen Kirchensteuerräte dotiert ist und den überdiözesanen Aufgaben der deutschen Kirche dient, vor allem im Bereich der weltkirchlichen Arbeit. Hinzu kommt die rechtliche Klärung von Grundsatzfragen, beispielsweise bei Datenschutz, Arbeitsrecht und Gema-Gebühren, die in der Rechtskommission des VDD für alle Diözesen möglichst einvernehmlich wie einheitlich vorbereitet werden. Die Bischofskonferenz selbst mit ihrer Behörde konzentriert sich auf die verschiedenen theologischen und pastoralen Aktivitäten, die in verschiedenen Arbeitsformen, vor allem Kommissionen einer nationalen Abstimmung bedürfen. Schon früh habe ich aus Perspektive des kirchlichen Vermögensrechts, noch mehr aus dem besonderen Gepräge des deutschen Religionsverfassungsrechtes mit seiner Garantie des Kirchensteuersystems darauf hingewiesen[1], dass es nicht angehen könne, dass demokratisch gewählte Frauen und Männer in den diözesanen Kirchensteuerräten eigenständig über den kirchensteuerfinanzierten Haushalt der Diözese und die Abnahme des Jahresrechnung entscheiden, während über die dem VDD bereitgestellten Finanzmittel allein Bischöfe, Generalvikare und leitende kirchliche Mitarbeiter: innen in den Hinterzimmern des VDD befinden. Bisher gibt es keinerlei Transparenz über diese jährlichen Entscheidungsprozesse, die zunehmend schwieriger werden, weil angesichts der geringeren Finanzmittel Verteilungskämpfe unausweichlich sind. Hier besteht zunächst die zwingende Pflicht, entsprechend den Logiken des deutschen Kirchensteuersystems allein gewählte Gläubige, die in Finanz- und Rechtsfrage erfahren sind, aus den 27 deutschen Kirchensteuerräten über den Haushalt des VDD und die Abnahme der Jahresrechnung und Entlastung der Mittelwirtschaftenden entscheiden zu lassen. Zudem müssen die verbindlichen inhaltlichen Vorgaben für die Aufstellung des Haushaltes des VDD zukünftig als einer der zentralen Aufgaben des neu zu schaffenden synodalen Organs auf Ebene der Bischofskonferenz konfiguriert werden. So ist es beispielsweise in einer Reihe der Bistümer geregelt, in denen die Diözesanpastoralräte, sofern ihre Zusammensetzung nicht dem Losentscheid, sondern kodikarisch konformen Statuten entspricht, verbindlich die Vorgaben für die Mittelverwendung der Kirchensteuer den diözesanen Kirchensteuerräten vorgeben. Auch hier sollten noch vereinzelt existierende bischöfliche Eingriffsrechte abgeschafft werden, die es Bischöfen erlauben, pastorale Schwerpunkte im Alleingang zu identifizieren, die dann zwingend von den Kirchensteuerräten alimentiert werden müssen. Diese Art des gutsherrlichen Umgangs mit Kirchensteuermitteln der Gläubigen muss ein Ende haben. Erschwerend tritt beim VDD hinzu, dass Beschlüsse zum Haushalt zurzeit einstimmig erfolgen müssen – eine hohe Hürde. Die Konflikte rund um die Finanzierung des Synodalen Ausschusses, bei dem die vier dissentierenden Bischöfe ihr Veto gegen die Verwendung von Mitteln des VDD eingelegt haben, zeigt das kirchenpolitische Blockadepotential einer so drakonischen rechtlichen Norm. Auch hier wird man bei einer grundlegenden Reform der Statuten des VDD darauf zu achten haben, dass Mehrheitsentscheidungen möglich werden, um Finanzmittel einsetzen zu können.

Die Deutsche Bischofskonferenz mit ihren 27 Diözesanbischöfen und im Vergleich zur Weltkirche üppigen Anzahl von Weihbischöfen und einer inzwischen aufgeblähten Verwaltungszentrale in Bonn wie auch das weltkirchlich betrachtet ungewöhnlich dicht organisierte Zentralkomitee der Katholiken mit hoher Hauptamtlichenquote, zahlreichen Kommissionen, die oft spiegelgleich die ähnlichen Themen beraten wie die bischöflichen Kommissionen der Bischofskonferenz, sind nicht nur in die Jahre gekommen, sondern bilden mit diesen nur auf den ersten Blick imposanten Strukturen ein Bild von Volkskirche ab, die in dieser Sozialgestalt längst gestorben ist. Finanziell ist das ZdK völlig abhängig von den Zuschüssen des VDD, über die die Bischöfe entscheiden. Schon von daher wird man fragen dürfen, wie unabhängig das ZdK zumindest im Bereich der Fragen von christlicher Verantwortung für Gesellschaft und demokratisches Gemeinwesen ist und wie sehr es wegen der sicheren Arbeitsplätze für ihre Hauptamtlichen wie auch der Finanzierung ihrer sonstigen Aktivitäten um Konsens mit den Bischöfen bedacht sein muss. Kennzeichen des Laienapostolats, zu dem das vereinigungsrechtliche ZdK zählt, ist aber die relative Freiheit der Gläubigen in diesen konsoziativen Organisationen. Die gerade im Synodalen Weg durch die gemeinsame Trägerschaft symbolisierte Symbiose von verfasster Kirche, die die Bischöfe repräsentieren, und dem organisierten deutschen Laienkatholizismus im ZdK, mag der Dringlichkeit der durch die MHG-Studie identifizierten Missstände geschuldet sein, darf aber m.E. kein Dauerzustand werden. Entflechtung tut Not und muss sich auch in einer substantiellen Überarbeitung der Statuten der DBK wie des ZdK widerspiegeln.

Bei den Arbeitsformen und Entscheidungswegen in der DBK wäre es m.E. dringend geboten, die Leitungsverantwortung der Diözesanbischöfe für ihre Diözesen stärker zu konfigurieren und bei den auf Zukunft weniger werdenden Weihbischöfen ihre besondere fachliche Expertise in den Segmenten, wo sie Bischofsvikare sind, für inhaltliche Qualifizierung der Beschlüsse der DBK zu nutzen. Rechtlich sollte immer die Mehrheit der Diözesanbischöfe entscheidend sein, so wie es viele Statuten nationaler Bischofskonferenzen in der Weltkirche selbstverständlich seit langen Jahren kennen. Dies könnte auch eine dringend notwendige Verschlankung der Organe der DBK nach sich ziehen mit entsprechenden Folgen auch für das neu zu schaffende synodale Organ. Aufgeblähte Veranstaltungen wie die Synodalen Versammlungen in Frankfurt sind nicht arbeitsfähig, effizient und bewirken das Gegenteil von dem, was sie intendieren, nämlich wirklich synodalen Austausch.

In ähnlicher Weise sollten die aktuell Verantwortlichen des ZdK ohne Scheuklappen ihre überdimensionierten Strukturen und Organe einer kritischen Relecture unterziehen. Dabei ist zu beachten, dass die Zusammensetzung der Vollversammlung des ZdK aus den drei Gruppen, Delegierte der diözesanen Katholikenräte, aus den katholischen Verbänden und der Wahl von katholischen Einzelpersonen eine heterogene Melange bildet, die nicht einfach zu entwirren ist. Auch hier wird man angesichts der abnehmenden Bereitschaft, sich dauerhaft zu engagieren und der erkennbaren Überalterung des ZdK auf schlankere Beratungskörper und Entscheidungsprozesse, die rechtlich neu hinterlegt sein müssen, setzen. Offen bleibt die Frage, wie zukünftig institutionell Kontakte zwischen ZdK und DBK, wie sie bisher mit der weithin zahnlosen Gemeinsamen Konferenz vor sich hindümpeln, zu gestalten sind. Wird es mit römischer Zustimmung zum synodalen Organ auf Bundesebene kommen, sollte dort der Ort sein, wo Gläubige mit Bischöfen über den Glauben und eine zukunftsfähige Kirche diskutieren und beraten sollten. Das böte wiederum dem ZdK die Chance, profilierter als Organisation des verfassten Laienkatholizismus in Deutschland gegenüber Staat und Gesellschaft mit eigenständiger Positionierung verbunden mit größerem Freimut aufzutreten. Die Landespolitik, aber auch die Bundespolitik werden dies wahrnehmen und zu schätzen wissen.

[1] Vgl. Thomas Schüller, Bundeskirchensteuerrat – ein Vorschlag zur Diskussion, in: Salzkörner 23 (2017).


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